Fußball gilt allgemein als die „schönste Nebensache der Welt". Vereine wie Real Madrid, Borussia Dortmund oder 1. FC Union stehen für hochklassigen Sport und Stars wie Lionel Messi, Cristiano Ronaldo oder Toni Kross haben viele Fans. Was in diesen großen Vereinen so passiert, können wir alle nachlesen, denn fast jede Neuigkeit wird sofort über die unterschiedlichsten Medien verbreitet. Doch wie wird in den Vereinen auf lokaler Ebene gearbeitet? Beim Fussballclub Neuenhagen wird großer Wert auf die Nachwuchsarbeit gelegt.
Wir trafen Martin Sperling, er trainiert die E1-Jugend-Fußballer des Vereins, auf dem Jahnsportplatz in Neuenhagen und wollten wissen, was es Neues beim FC Neuenhagen gibt. Im Januar 2025 erreichte der Fussballclub Neuenhagen einen weiteren bedeutenden Meilenstein in der Trainerausbildung: Fünf engagierte Trainer des Vereins haben erfolgreich die DFB C-Lizenz (Profil Jugend) in Strausberg, Märkisch-Oderland abgeschlossen
Hallo Martin, ist es einfach heute engagierte Trainer zu finden?
Neuenhagen ist eine schnell wachsende Gemeinde – und mit ihr der Breitensport. Die Nachfrage nach Sportangeboten ist riesig und entsprechend hoch ist der Bedarf an engagierten Trainern. Viele von ihnen sind ursprünglich Eltern, die durch ihre eigenen Kinder nach und nach in diese Rolle hineinwachsen. Die Aufgaben eines Trainers gehen heute weit über das reine Vermitteln von Technik und Taktik hinaus. Sie sind nicht nur Übungsleiter, sondern oft auch Mentoren, die ihre Schützlinge motivieren, begleiten und in ihrer persönlichen Entwicklung unterstützen. Umso beeindruckender finde ich es immer wieder, wie viele Menschen sich ehrenamtlich engagieren und so dazu beitragen, den Breitensport nicht nur zu erhalten, sondern auch weiterzuentwickeln.
Dennoch wäre es großartig, wenn sich noch mehr engagierte Menschen für diese bereichernde Aufgabe begeistern könnten. Wer es einmal ausprobiert, wird schnell merken, wie viel Freude die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen bereitet – und wie sehr man dabei auch persönlich wächst.
Hast du selbst eine Lizenz?
Ja, ich habe mich mit Beginn meiner Trainertätigkeit und Übernahme der Mannschaft mit meiner Trainerkollegin dazu entschlossen eine C-Lizenz Ausbildung über den DFB zu absolvieren. Obwohl eine Ausbildung keine Voraussetzung für die Trainertätigkeit ist, war es der eigene Anspruch, den man mit der Rolle verbindet. Ich kann jedem angehenden und interessierten Trainer eine Teilnahme am DFB Basis-Coach und/oder den Erwerb der C-Lizenz nur empfehlen. Die Vermittlung von Wissen, die Erarbeitung von Trainingskonzepten, die praktische Umsetzung von Übungen und der unmittelbare Austausch mit den Trainerkollegen sind unglaublich interessant und lehrreich. Nicht zuletzt geht es im Rahmen der Ausbildung auch um wichtige Themen wie Verletzungsprävention, Regeneration und 1. Hilfe, was für jeden Trainer eine wichtige Grundlage im verantwortungsvollen Umgang mit seinen Spielern sein sollte.
Eine Lizenz ist wichtig, aber welche Kompetenzen sollte ein Übungsleiter darüber hinaus mitbringen?
Ein Trainer oder Coach ist weit mehr als nur ein Übungsleiter – besonders im Jugendbereich. Neben der Weitergabe von sportlichem Wissen und Fähigkeiten übernehmen wir auch die Verantwortung, Werte wie Zuverlässigkeit, Teamgeist und Fairness zu vermitteln. Was wir als Trainer nicht selbst vorleben, können wir von unseren Spielern nicht erwarten. In dieser Hinsicht haben wir eine Vorbildfunktion. Ein guter Jugendtrainer sollte Kinder und Jugendliche motivieren, begeistern und individuell fördern können. Empathie und Kommunikationsstärke sind dabei ebenso wichtig wie fachliche Kompetenz und Leidenschaft für den Sport. Letztlich geht es nicht nur um sportliche Entwicklung, sondern auch darum, junge Menschen in ihrer persönlichen Entfaltung zu unterstützen.
Wer dein Training beobachtet, sieht eine sehr strukturierte und abwechslungsreiche Unterrichtsstunde. Wie wichtig ist, dass der Trainer gut vorbereitet ist?
Eine gründliche Trainingsvorbereitung ist für mich essenziell. Sie beginnt oft schon mit der Analyse des vorherigen Trainings, eines Spiels oder Turniers. Ein klarer Plan – was, wie und warum trainiert wird – ist unerlässlich. Die Spieler spüren sehr genau, wenn ihr Trainer den Überblick hat und genau weiß, worauf es ankommt. Gerade bei den oft knappen Trainingszeiten ist ein durchdachter Ablauf entscheidend. Deshalb sind wir Trainer meist lange vor den ersten Spielern auf dem Platz, bereiten alles vor und schaffen optimale Bedingungen. Unser Training folgt einer klaren Struktur und ist darauf ausgerichtet, mit Freude das Beste aus der Einheit herauszuholen: intensiv, abwechslungsreich, fokussiert und zielführend.
Hattest du selbst einen Trainer, der eventuell sogar ein Vorbild war?
In meiner Jugend war es nicht der Fußball, sondern der Kampfsport, der mich besonders geprägt hat – insbesondere durch einen koreanischen Trainer, der mich tief inspiriert hat. Er verstand es, Werte wie Respekt, Disziplin, Selbstbeherrschung, Ehrlichkeit und Verantwortung nicht nur zu lehren, sondern sie auch authentisch vorzuleben. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir seine Haltung zu Familie und Wertschätzung: Er erinnerte uns stets an die Tage zu Ehren von Mutter und Vater – für ihn bedeutender als jeder andere Feiertag.
Im Fußball haben wir als Trainerteam die Mannschaft von unserem Vorgänger übernommen, an dessen Seite ich zuvor als Co-Trainer tätig war. Durch ihn konnte ich bereits zahlreiche wertvolle Impulse und neue Perspektiven gewinnen. Seine Herangehensweise, ein Team sportlich zu führen und weiterzuentwickeln, hat meinen eigenen Trainerstil nachhaltig geprägt. Noch heute spiegeln sich einige Elemente seiner Philosophie in meinem Training wider – angepasst an meine eigenen Erfahrungen und ergänzt um meine persönlichen Werte.
Ist Sport und ein damit verbundener Leistungsgedanke heute noch zeitgemäß und kann er aus deiner Sicht die Entwicklung von Jugendlichen positiv beeinflussen?
Für Kinder und Jugendliche sollte der Spaß am Sport im Vordergrund stehen. Nicht jeder braucht oder möchte dabei den Wettbewerbscharakter, und das ist vollkommen in Ordnung. Beim Fußballclub Neuenhagen gibt es in den verschiedenen Jahrgängen oft mehrere Mannschaften, die die unterschiedlichen Interessen und Erfahrungen der Spieler berücksichtigen. Diese Möglichkeit der Differenzierung ist entscheidend, um Kinder und Jugendliche nicht zu überfordern und ihnen gleichzeitig die besten sportlichen Voraussetzungen zu bieten.
Wenn du mit „Leistungsgedanke" eine positive Einstellung zum Training, den Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung, gesunden Ehrgeiz und den Willen, sich auch leistungstechnisch mit anderen Mannschaften messen zu können, meinst, dann unterstütze ich diesen Ansatz voll und ganz. Für mich spiegelt Sport die Werte unserer Gesellschaft wider: Wenn es keine Gewinner mehr geben darf, nur damit niemand als Verlierer das Feld verlässt, halte ich das für falsch. Als Trainer meines eigenen Sohnes habe ich erfahren, dass ein Leistungsgedanke nicht zwangsläufig mit negativem Druck verbunden sein muss – vielmehr kann er auch Spaß machen. Es geht darum, für etwas einzutreten, zu trainieren und dabei Erfolge zu erleben, die sich auf unterschiedliche Weise zeigen können. Erfolg muss nicht immer der Sieg oder ein erster Platz sein.
Was sagen deine Jungs, wenn es auf den Platz geht?
Als Team können wir alles erreichen!
Du trainierst Kinder im Alter von zehn Jahren. Wie gehst du mit übereifrigen Eltern am Spielfeldrand um?
Wir sind stolz darauf, dass wir eine wirklich großartige Elternschaft haben. Die Spieler unserer Mannschaft kennen sich schon seit Jahren und viele pflegen enge Freundschaften. Dadurch ist auch die Elternschaft zu einer sehr harmonischen und wertschätzenden Gemeinschaft zusammengewachsen. Natürlich kann ich verstehen, wenn am Spielfeldrand Emotionen hochkochen – sei es bei verpassten Torchancen, einem hitzigen Zweikampf oder einer strittigen Schiedsrichterentscheidung. In solchen Momenten ist ein gewisser Grad an Aufregung völlig normal und auch in Ordnung. Als Trainerteam legen wir jedoch großen Wert darauf, dass weder unsere noch die gegnerische Mannschaft dadurch beeinflusst wird. Während des Spiels sollten sich die Spieler ausschließlich auf das Spiel und uns als Trainer konzentrieren. Ich kann mich nicht erinnern, dass es bei uns jemals zu unangemessenem Verhalten gekommen wäre. Wir pflegen eine offene und wertschätzende Kommunikation, die in beide Richtungen funktioniert.
Gibt es in dieser Saison noch Grund zum Feiern?
Wir haben als Team hart gearbeitet und sind auf einem vielversprechenden Weg. Wenn wir weiterhin fokussiert bleiben und unsere Leistung abrufen, bin ich sicher, dass wir noch viele Erfolge – sei es ein Sieg, eine starke Teamleistung oder einfach die Fortschritte der Mannschaft – feiern können. Die Rückrunde beginnt im März: Wir sind noch im Kreispokal vertreten und freuen uns neben einer spannenden Rückrunde in der Kreisliga auch auf einen tollen Saisonabschluss beim Ostseebad BINZ-CUP auf Rügen. Du merkst: Im Fußball gibt es immer einen Grund zum Feiern – der Spaß darf nie zu kurz kommen.